Archäologische Funde an der Nordmauer von Schloss Bertholdsburg in Schleusingen

Erstellt am 6. Juni 2019 

Archäologische Untersuchungen an der Nordmauer von Schloss Bertholdsburg haben eindrucksvolle Befunde zutage gefördert, darunter die Fundamente eines massiven, zweischaligen Rundturms unter der Nordostecke der Bertholdsburg.

 

Die Grabungskampagne unter fachlicher Leitung des Thüringischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie steht in Zusammenhang mit der Sanierung der Wehrmauer von Schloss Bertholdsburg, die die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten seit 2018 durchführt. Die Funde stammen aus dem Bereich der Nordmauer. Als bedeutendste Entdeckung der aktuellen Kampagne können die Fundamente des Rundturms gelten. Es handelt sich nach der archivalischen Überlieferung um den sogenannten Totenturm, der bereits in einem Plan aus der Mitte des 18. Jahrhunderts nicht mehr verzeichnet ist, das heißt zu diesem Zeitpunkt schon abgebaut war. Darüber hinaus wurde im Verlauf der Nordmauer unerwartet ein nachträglich wieder zugesetzter Torbogen mit Türangelstein auf der Zwingerseite freigelegt, weiterhin eine sorgfältig gesetzte Pfeilervorlage und ein Mauerzug, die wohl der beidseitigen Stabilisierung der Wehrmauer gedient haben. Das geborgene Fundmaterial umfasst neben zahlreichen Keramiken, darunter Fayence Arnstädter Provenienz, Steinzeug sowie ostasiatischem und Meißener Porzellan auch glasierte Ofenkacheln und diverse Kleinfunde wie Münzen und Buchschließen. Tierknochen, Austernschalen und Bruchstücke von Tonpfeifen geben spannende Einblicke in die Ernährung und den ausgiebigen Tabakkonsum der Schlossbewohner.

Die Sanierung der Wehrmauer war notwendig geworden, weil einige Bereiche als nicht mehr standsicher eingestuft wurden. Die Nordmauer weist von ihrer Mauerstruktur her ein sehr inhomogenes Bild auf. Großenteils fehlt die Verfugung oder ist gerissen, der Mörtel ausgewaschen. Im mittleren und östlichen Bereich sind Teilausbrüche erfolgt, die schon früher notgesichert werden mussten. Große Abschnitte der teilweise einsturzgefährdeten Nordmauer wurden im vergangenen Jahr verankert und neu aufgebaut.

Der derzeitige Abschnitt umfasst die Bruchsteinmauer  aus Buntsandstein vom westlichen Erker bis zur Kirche mit einer Länge von rund 48 Metern und drei bis vier Metern Höhe. Das Mauerwerk und die Fugen müssen gereinigt und steinrestauratorisch bearbeitet werden, um das historische Erscheinungsbild der Mauer wieder herzustellen. Es sind aber auch konstruktive Maßnahmen an den Mauerschalen sowie im Fundamentbereich notwendig, um die Standsicherheit zu gewährleisten. Bis Mitte 2019 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Für die gesamte Mauersanierung werden rund 1,2 Millionen Euro eingesetzt.

Schloss Bertholdsburg wurde 1226 bis 1232 unter Graf Poppo VII. von Henneberg errichtet und war bis zum Aussterben 1583 Residenzschloss der Grafen von Henneberg-Schleusingen. Die Vierflügelanlage ist die älteste Residenz in Thüringen.

Hinweis

Am Samstag, 8. Juni, bietet Herr Dr. Seidel, Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und Leiter der Grabungskampagne, um 10 Uhr, eine öffentliche Führung zu den archäologischen Funden an. Treffpunkt ist am Grabungsgelände. Die Teilnehmerzahl ist aufgrund der Baustellensituation auf 20 Personen begrenzt.

 

Stiftung
Thüringer Schlösser und Gärten

Dr. Franz Nagel
Schloßbezirk 1
07407 Rudolstadt
T: 0 36 72 – 44 71 26
F: 0 36 72 – 44 71 29

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