Denkort der Demokratie auf Schloss Schwarzburg | Eröffnung und Tag der offenen Tür am 15. Juli

Erstellt am 13. Juli 2021 

Nach mehr als 80 Jahren sind auf Schloss Schwarzburg erstmals wieder Innenräume des Schloss-Hauptgebäudes zu besichtigen. Am 15. Juli werden der Ahnensaal und der Emporensaal eröffnet. Realisieren konnte die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten das Projekt im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen. Gemeinsam mit der IBA ist ein digitales Vermittlungsprojekt für die Räume in Planung. Bereits genutzt werden kann ein Audiowalk durch Anlage und Hauptgebäude, der durch den Förderverein Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie e.V. betreut wird.

Im Rahmen der IBA Thüringen konnte in den letzten Jahren ein Teil des Schloss-Hauptgebäudes für die Nutzung ausgebaut werden, gefördert durch den Freistaat Thüringen und das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“. Das Konzept von Architektin Christiane Hille, bereits 2012 aus einem Wettbewerb hervorgegangen, rückt die Ablesbarkeit von Zeitspuren in den Mittelpunkt. Der Ahnensaal, der ehemalige Hauptsaal des Schlosses, vermittelt mit seinen Ausstattungsfragmenten einen Eindruck der Raumkunst des 18. Jahrhunderts im Schloss. Der Emporensaal hingegen entstand in seiner Raumkubatur erst durch die Herausnahme von Decken und Wänden bei Abrissarbeiten in den 1940er Jahren. Die Wände beider Räume tragen Spuren der Schlossgeschichte vom barocken Ausbau über schwerwiegende Eingriffe in der Zeit des Nationalsozialismus bis hin zu Einschreibungen von Besuchern der Nachkriegszeit.

Damit wird ein neues Kapitel in der Geschichte von Schloss Schwarzburg aufgeschlagen, wie Dr. Doris Fischer, Direktorin der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, erläutert: „Auf den Überresten einer beinahe hoffnungslos zerstörten Substanz wagen wir ein Experiment. Wir haben einen mutigen und denkmalpflegerischen Ansatz konsequent umgesetzt. Das Ergebnis wirkt emotional, will aber auch erklärt und vermittelt sein. Gerade in dieser Hinsicht sind wir besonders dankbar für die Kooperation mit unseren Partnern, allen voran der IBA Thüringen und dem seit Jahrzehnten wirkenden Förderverein.“

Emporensaal, Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

In den beiden Räumen sollen künftig Veranstaltungen stattfinden. Ihr Charakter als Spiegel der Geschichte bietet einen anregenden Rahmen zum Nachdenken über Demokratie und Gesellschaft. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass Schwarzburg 1919 zum Schauplatz eines herausragenden historischen Ereignisses wurde: Während im Schloss der letzte 1918 abgedankte deutsche Fürst lebte, unterzeichnete Friedrich Ebert in einem benachbarten Hotel die erste demokratische Verfassung Deutschlands.

Dr. Marta Doehler-Behzadi, Geschäftsführerin der IBA Thüringen: „Schloss Schwarzburg als ›Denkort der Demokratie‹ ist seit 2018 IBA Projekt und ein Vorhaben im Bundesprogramm der Nationalen Projekte des Städtebaus. Wir freuen uns, dass wir den Ahnen- und Emporensaal nun gemeinsam mit der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und unserem Kooperationspartner Förderverein Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie e.V. eröffnen. Dabei begreifen wir Schloss Schwarzburg mit seiner wechselvollen Geschichte als einen Ort für den Austausch über Demokratie, Selbstverantwortung, Toleranz und Weltoffenheit unserer Gesellschaft. Die nun fertiggestellten Räume haben dafür eine sehr aussagestarke Gestaltung gefunden.“

Ahnensaal, Foto: STSG, Franz Nagel

Als Denk- und Geschichtsort ist Schloss Schwarzburg ein echtes Schwergewicht. Die Anlage hat ihre Ursprünge im Mittelalter als Stammsitz der Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt. Im Zusammenhang mit der Erhebung der Dynastie in den Reichsfürstenstand zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die frühere Burg zum repräsentativen Barockschloss mit Hauptgebäude, Schlosskirche, Kaisersaalgebäude und Zeughaus mit Schauwaffensammlung ausgebaut. In den 1940er Jahren begannen die Nationalsozialisten mit dem Umbau zu einem Reichsgästehaus. Als der Plan 1942 aufgegeben wurde, blieb die Anlage als Bauruine mit schwersten Schäden und Verlusten zurück.

Das Kaisersaalgebäude wurde bereits in den 1950er bis 1970er Jahren saniert. 2009 konnte die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, seit 1994 Eigentümerin und zunächst vor allem mit den gefährdeten Stützmauern beschäftigt, mit der Sicherung und Sanierung des Zeughauses beginnen. Nach der Ergänzung des angrenzenden Torhauses als Erschließungsbau präsentiert dort seit 2018 das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt, das auch den Kaisersaal als Außenstelle betreibt, wieder die historische Zeughaussammlung. Ab 2010 wurden auch am Hauptgebäude nutzungsneutrale Sicherungen möglich. Im Mittelpunkt standen abschnittweise das Dach und die Statik des Mauerwerks, auch der Sandsteinportikus musste aufwendig gesichert werden. Der zerstörte nördliche Gebäudeabschluss wurde wieder ergänzt und mit einem Treppenhaus versehen. Zuletzt konnte auch der zwischenzeitlich verlustgefährdete Rest des Schlossturms gesichert werden. Dank einer stählernen Brücke zum Hauptgebäude dient seine Innentreppe nun als zweiter Fluchtweg.

Schloss Schwarzburg, Hauptgebäude mit Turm und Kaisersaalgebäude, Foto: IBA Thüringen, Thomas Müller

Die Förderung im Rahmen der IBA ermöglichte es, parallel zu den Sicherungsarbeiten ab 2018 in einen ersten Abschnitt des Ausbaus von Innenräumen einzusteigen. Im nördlichen Bereich des Schloss-Hauptgebäudes wurden Decken erneuert und Mauerwerk saniert. Der Emporensaal verdankt seinen Namen einer in diesem Zusammenhang eingezogenen Empore, die eine verlorengegangene historische Decke ersetzt und auch aus statischen Gründen notwendig war. Fenster wurden eingebaut, Elektroleitungen und Fußböden verlegt. Den krönenden Abschluss bildete die Konservierung der geschundenen Wände und Decken. In den beiden dabei entstandenen Veranstaltungsräumen ist die wechselvolle Schlossgeschichte mit vielen Brüchen ablesbar.

 

Das Raumerlebnis soll künftig ergänzt werden durch ein digitales Vermittlungsmedium, ein Digitales Gästebuch. Es soll mit eigens gestalteten Modulen im Raum nutzbar sein, aber auch die Interaktion von außen ermöglichen. Ein Ideenwettbewerb hat bereits stattgefunden, die Umsetzung beginnt in den nächsten Monaten. Die IBA Thüringen stellt dafür 70.000 Euro bereit.

 

Dazu Ulrike Rothe, Projektleiterin der IBA Thüringen: „Aktuell entwickeln wir gemeinsam mit der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und unserem Kooperationspartner Förderverein Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie e.V. ein ›Digitales Gästebuch‹, das im Sinne der Spuren- und Zeitenlese steht. Das ›Digitale Gästebuch‹ kommuniziert dabei die Geschichte des Ortes in Bezug auf die historisch markanten und gesellschaftlichen Wendepunkte sowie die internationalen Entwicklungen in Bezug auf die Demokratie. Das verwendete Medium soll vor allem zu einem lebendigen Austausch über Fragen der Demokratie im ländlichen Raum einladen. Außerdem wird es eine Auswahl von Einschreibungen durch unerlaubte Besucher an den Wänden der Schlossruine, ebenso wie fundierte Wortmeldungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern zukünftig relevanter Veranstaltungsformate beinhalten.“

 

Die Kosten für das im Rahmen der IBA realisierte Projekt „Denkort der Demokratie“ belaufen sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Insgesamt hat die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten bislang 7 Millionen Euro in das Schloss-Hauptgebäude investiert.

 

 

Tag der offenen Tür am 15. Juli 2021

 

Am 15. Juli sind der Emporen- und der Ahnensaal von 14.30 Uhr bis 17 Uhr im Rahmen eines Tags der offenen Tür mit Führungen zu besichtigen.

 

Audiowalk „Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie“

 Der Audiowalk „Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie“ führt vom nördlichen Schlossareal bis ins Hauptgebäude von Schloss Schwarzburg. Dort können der Ahnensaal und der Emporensaal besichtigt werden. Neben allgemeinen Informationen zur gesamten Schlossanlage und ihrer fast 1000jährigen Geschichte gibt es Informationen zu den vergangenen und laufenden Bauarbeiten und den heutigen Akteuren vor Ort.

Den Rundgang begleitet eine Mischung aus mehrschichtigen Erzählungen und Originaltönen, verbunden durch Musikelemente. Im Außenbereich ist der Audiowalk als zusammenhängender Hörspaziergang gestaltet, die Besucher werden von einer Sprecherin über die Schlossanlage geleitet. Im Innenbereich können an Stationen die einzelnen Kapitel angesteuert werden.

Der Audiowalk „Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie“ ist ein gemeinsames Projekt der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, der IBA Thüringen und des Fördervereins Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie e. V. Er wird gefördert durch das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“. Produziert wurde der Audiowalk von der Agentur musealis aus Weimar.

Erstmals konnten Interessierte 2019 mit einem Audiowalk das Hauptgebäude als Schaubaustelle besuchen und die laufenden Bauarbeiten mitverfolgen. Zum Abschluss der aktuellen Maßnahmen wurde der Inhalt überarbeitet. Der Audiowalk wird durch den Förderverein Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie e. V. begleitet. Das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg als Betreiber des Zeughauses und des Kaisersaals übernimmt dankenswerterweise den Buchungs- und Besucherservice auch für das Angebot im Hauptgebäude.

 

Audiowalk-Führungen – Termine 2021

Zeitraum: August bis September, nur mit Führung

Führungen: Sa, So 13.30 und 15.30 Uhr sowie auf Anfrage

Preis: Erwachsene: 5 Euro, Ermäßigte: 3 Euro, Frei: Kinder 12 bis 14 Jahre. Voranmeldung empfohlen über die Museumskasse im Torhaus (03 67 30/39 96 30)

Die Teilnahme am Audiowalk ist nur eingeschränkt möglich. Interessierte müssen Treppen steigen können.

  

Veranstaltungsreihe 2021

Schloss Schwarzburg – Denkort der deutschen Geschichte

Ort: Schloss Schwarzburg, Hauptgebäude, Ahnensaal und Emporensaal

Zeitraum: August und September, donnerstags, 18 Uhr

 

  1. August, Vortrag

Stammschloss – Barbarei – Denkort der Demokratie. Das Schicksal von Schloss Schwarzburg

Referentin: Dr. Doris Fischer, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

 

 

  1. August, Vortrag

Von der Burg zur Sommerresidenz. Zur Geschichte von Schloss Schwarzburg

Referentin: Sabrina Lüderitz, Thüringer Landesmuseum Heidecksburg

 

  1. September, Vortrag

Herausforderungen und Chancen einer Schaubaustelle

Referentin: Carola Niklas, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

 

  1. September, Vortrag und Gesprächsrunde

Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie und Haus der Weimarer

Republik in Weimar

Referenten: Stephan Zänker, Haus der Weimarer Republik – Forum für Demokratie c.o. Weimarer Republik e.V. und Förderverein Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie e. V., Kristine Glatzel

 

  1. September, Gesprächsrunde

Digitales Gästebuch – Spuren- und Zeitenlese

Nationales Projekt des Städtebaus / IBA-Projekt Schloss Schwarzburg – Denkort der Demokratie

Referenten: Dr. Marta Doehler-Behzadi und Ulrike Rothe, IBA Thüringen und Fabian Schludi, C4 Berlin

 

Änderungen vorbehalten.

 

Begrenzte Teilnehmerzahl. Wir bitten um Voranmeldung über die Museumskasse im Torhaus (03 67 30/39 96 30)

 

Die gültigen Hygienevorschriften und Abstandsregelungen sind einzuhalten. Wir bitten um Beachtung der zum Zeitpunkt der Veranstaltung gültigen Regelungen.

 

Aktuelle Informationen unter: www.thueringerschloesser.de/schloss-schwarzburg-denkort-der-demokratie/veranstaltungen/

 

Eine Dropbox mit Fotomaterial steht bereit unter

https://www.dropbox.com/sh/klsmxtdzr8t6rrj/AABS2trji41Cev529LSz5SJGa?dl=0

Copyright für alle Bilder: © IBA Thüringen, Thomas Müller

 

Stiftung
Thüringer Schlösser und Gärten

Dr. Franz Nagel
Schloßbezirk 1
07407 Rudolstadt
T: 0 36 72 – 44 71 26
F: 0 36 72 – 44 71 29

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